Stress und der Parasympathikus oder wie wir Stress ausatmen können

Stress und der Parasympathikus oder wie wir Stress ausatmen können

Ich wette mir Dir, dass ich Dir so richtig auf den Nerv gehen kann und Dein Stressgefühl trotzdem nachlassen wird. Glaubst Du mir nicht? Ist aber so. Das klingt zwar zauberhaft, ist aber keine Magie. Es ist nur eine Frage auf welchen Nerv ich Dir gehe. Denn ohne Nerven geht nichts – nicht einmal Ruhe. Unser vegetatives Nervensystem ist sehr komplex. Es besteht aus drei Komponenten: dem sympathischen, dem parasympathischen und dem enterischen Anteil. Vereinfachen wir es hier ein bisschen, damit es hier nicht zu stressig wird. Ich will Dir auf Deinen Parasympathikus gehen. Dein Parasympathikus ist hauptsächlich für die erholungsfördernden Signale in Deinem Körper zuständig und wird deswegen oft auch als der Ruhenerv bezeichnet. Bei allen Entspannungstechniken und kleinen Tageszähmern, die wir anwenden können, geht es immer darum diesen Ruhenerv zu aktivieren. Das können wir auf unterschiedlichste Art und Weise erreichen. Da ich Dir heute mal auf Deinen Nerv fühlen möchte, verrate ich Dir einer der einfachsten und effektivsten Techniken, um unseren Ruhenerv anzuregen.

Laaaaaaaaaangsames Ausatmen. Es gibt unterschiedliche Empfehlungen wie lang dieses Ausatmen nach Möglichkeit sein sollte. Aber machen wir es hier für den Anfang doch nicht so kompliziert. Bei allen Empfehlungen geht es darum, dass Du länger ausatmest als Du einatmest. So wird Deine Atmung verlangsamt und Dein Ruhenerv aktiviert.  Probiere es doch gleich einmal. Nimm Deinen Atem in diesem Augenblick bewusst wahr. Wie fühlt er sich an? Entspannt und gleichmäßig, tief, flach, zitternd, gepresst? Wie würdest Du Deine Atmung in diesem Augenblick beschreiben? Werde Dir Deiner Atmung bewusst ohne zu bewerten. Jetzt darfst du durch die Nase einatmen und Dir Zeit beim Ausatmen lassen. Der Atem darf dabei ganz ohne Zwang und Anstrengung ein- und ausfließen. Ganz leicht. Vielleicht hilft es Dir dabei Dir eine sanfte Wellenbewegung vorzustellen. Mach kleine Pausen zwischen den Atemzügen. So wie es Dir angenehm ist. Das Ganze wiederholst Du so lange wie es Dir jetzt gerade guttut.

Merkst Du schon was?

Ich möchte Dich ermuntern diese kleine Übung immer wieder in Deinen Tagesablauf einzubauen. Du wirst feststellen, dass es Dir mit der Zeit leichter fallen wird, über Deine Atmung in die Ruhe zu kommen. Dein Herz wird durch die Übung langsamer schlagen, Deine Herzratenvariabilität wird sich erhöhen, der Calciumspiegel im Blut wird sich erhöhen, Deine Stresshormone werden gesenkt und noch viele weitere großartige Effekte werden in Deinem Körper eintreten und einen positiven Einfluss auch auf Deine Gedanken und Gefühle nehmen. Dass du in der Lage bist Stress auszuatmen, ist keine Magie, ist kein teurer Trend oder der neuste Hype. Den Zusammenhang zwischen unserer Atmung, den körperlichen Stressreaktionen und unserem Stressempfinden hat die Menschheit schon vor langer Zeit entdeckt und mittlerweile in zahlreiche Studien mit sehr gestressten Menschen belegt. Wir können heute die eintretende Entspannung selbst zuhause durch sogenannte Biofeedbacks sichtbar machen und vor allem können wir es selbst erleben und spüren. Diese Übung kann Dir auch am Abend dabei helfen, besser in den Schlaf zu finden. Stress Dich nicht mit dem Üben, halte es einfach und setzt die Übung immer dann ein, wenn Du merkst, dass Du flach, schnell und gestresst atmest oder Dir einfach danach ist.  Versuch einmal – als SOS Soforthilfe – in einer Stresssituation nicht erst tief Luft zu holen, sondern gleich den Fokus aufs Ausatmen legen. Du wirst spüren wie der Körper und damit auch Deine Gedanken sich dadurch beruhigen lassen. Am Anfang ist es noch eine Übung, aber mit genügend Übung wird es zur Routine.  

Viel Freude beim Dir selbst auf den Ruhenerv gehen wünscht Dir Marlene

Lange Geschichte kurz: Wir können über die Atmung einen starken Einfluss auf unseren Körper und unser Empfinden ausüben. Beim Einatmen aktivieren wir unseren Körper und beim Ausatmen bringen wir ihn in die Ruhe. Längeres Aus- als Einatmen bringt uns in die Entspannung.

Stress und die Augen oder warum wir gerne in die Ferne sehen

Stress und die Augen oder warum wir gerne in die Ferne sehen

Hey Du, ja genau Du. Stell Dir bitte einmal vor, dass deine Frist zur Abgabe eines wichtigen Berichts am Ende des heutigen Tages abläuft. Du musst diesen Bericht unbedingt fertigbekommen. Los, los, los. Wild fliegen deine Finger über die Tastatur und plötzlich dein Kaffee über den Laptop. Der Computer streikt, die Uhr nicht. Unerbittlich zeigt sie an, wie der Tag immer kürzer wird. Der Laptop ist für den Augenblick nicht zu retten, aber vielleicht kann der Bericht am Computer des Kollegen noch rechtzeitig fertig geschrieben werden. Hektik und Stress überfluten deinen gesamten Körper wie zuvor der Kaffee die Tastatur. Wärend Du alles gibst die Abgabefrist einzuhalten, sind deine Pupillen geweitet, der Augeninnendruck ist erhöht und dein Sichtfeld eingeschränkt. Alles ist wie in einem Tunnel auf den Text und die Zeit fokussiert. Stress pur.

Empfinden wir Stress, dann beeinflusst das unser Nervensystem und unser Nervensystem wiederum beeinflusst unseren ganzen Körper. Auch unsere Augen. Das kann in einer einzelnen Situation sehr nützlich sein. Wir sehen fokussiert. Die Kollegen im Gemeinschaftsbüro verschwimmen dann hinter dem Bildschirmrand, unser Blick ist fokussiert und vielleicht gelingt es uns doch noch den Bericht rechtzeitig fertig zu schreiben. Empfinden wir jedoch dauerhaft Stress, dann wirkt sich das auch dauerhaft auf unsere Augen aus. Ein Thema, das auch in der Augenheilkunde immer mehr Beachtung findet.

Habe ich Dich jetzt mit dieser kleinen Gedankenreise gestresst?
Das tut mir leid. Ich mache es wieder gut versprochen.

Bitte stelle Dir jetzt einen Ort vor, an dem Du in die Ferne gucken kannst. Vielleicht stellst Du dir einen Blick aufs Meer vor, vielleicht den Blick von einem Berg ins Tal, den Blick über die Dächer einer Stadt, die Weite von Feldern oder ein ganz anderer Ort, an dem Du ein Stück dieser Welt im Panorama betrachten kannst. Das ganze Bild liegt vor Dir und Du kannst alles sehen (Panorama ist altgriechisch und bedeutet pan = alles und horao = sehen). Lass Dir Zeit diese Weite zu betrachten. Was macht dieser Weitwinkel mit Dir?

 

Die meisten Menschen empfinden Ruhe und Entspannung, wenn sie ihren Blick in die Ferne schweifen lassen können und sich einen Moment gönnen, um alles anzusehen. Wir setzen uns unser eigenes Weitwinkelobjektiv dann auf, wenn keine Gefahr lauert, wenn wir einen Moment Zeit haben. In diesen Augenblicken entfällt der Fokus unser Entspannungssystem springt an. In diesen Augenblicken erwarten wir keinen Säbelzahntiger hinter dem nächsten Baum oder einen Chef, der wütend wird, wenn wir die Frist nicht einhalten können. Wir erlauben uns unseren Blick genauso schweifen zu lassen wie unsere Gedanken.  

Beeinflussen wir unseren Körper, dann beeinflussen wir auch unser Nervensystem und unser Nervensystem beeinflusst unser Stressempfinden.

Lange Geschichte kurz: Empfinden wir Stress, dann fokussieren sich unsere Augen und unser Sichtfeld verengt sich. Sehen wir in die Weite, dann entspannen sich nicht nur unsere Augen, sondern unsere Nerven und unser Gemütszustand gleich mit. Daraus folgt, dass wir unser Stressempfinden positiv beeinflussen können, wenn wir im Laufe eines Tages immer mal wieder unserem Blick erlauben in die Weite schweifen zu dürfen – und sei es nur aus dem Bürofenster.   

Stress und Dein Herz oder die Messbarkeit eines Anpassungskünstlers

Stress und Dein Herz oder die Messbarkeit eines Anpassungskünstlers

Die Tür zum Prüfungszimmer öffnete sich. Mit jedem Zentimeter mehr geöffneter Tür, spürte ich mein Herz immer deutlicher, lauter, schneller und gleichmäßig, wie ein Metronom schlagen. BUMM, BUMM, BUMM. Die mündliche Prüfung zu meinem zweiten Staatsexamen stand an. Meine Stresshormone tanzten kein Samba. Sie waren auf einer Techno-Party und mein Herz spielte einen lauten, gleichmäßigen Takt. Stress pur. Wer kennt das nicht? Wir kommen in Stress und merken, wie „uns die Pumpe geht“. Diese körperliche Anpassungsreaktion kann kurzfristig sehr nützlich sein. Vor allem dann, wenn wir vor einem Säbelzahntiger weglaufen müssen. Unser Körper stellt uns zusätzliche Energie bereit, unsere Sinne sind fokussiert und unser Herz schlägt kräftig und sehr gleichmäßig. Ist der Tiger dann in eine andere Richtung abgebogen oder der Prüfungsvorsitzende hat uns freundlich begrüßt, beruhigt sich unser Körper wieder. Unser Herz fängt an, ruhiger zu werden und unregelmäßiger zu schlagen. Nein, und damit meine ich keine Herzrhythmusstörungen. Ich rede von der sog. Herzratenvariabilität (HRV).  

Sind wir entspannt, nimmt unser Herz es auch locker und variiert die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Herzschlägen stärker. Die HRV nimmt zu. Wir können diese Variabilität messen und damit Rückschlüsse auf unseren aktuellen „Stressstatus“ ziehen. So ist es zum Beispiel möglich, anhand von Biofeedbacks (Live-Aufnahmen) zu überprüfen, ob wir es mit Hilfe von Entspannungstechniken schaffen, unseren Körper zu entspannen und welche Technik uns besonders gut tut. Ab und an eine Techno-Party im Körper zu haben, stellt kein Problem dar. Ganz im Gegenteil. Wir brauchen auch Anspannung/Energie/Stress (wie auch immer Sie es nennen möchten) im Leben. Wir sind schließlich kein nasser Sack, der nur in der Ecke liegt und langsam vor sich hingammelt. Wichtig ist nur, dass unsere Körper es schaffen, auch immer wieder Ruhe einkehren zu lassen. Das Leben ist keine dauerhafte Abschlussprüfung und chronischer Stress kann uns ernsthaft krank machen. Es geht wie so oft um das Finden und Leben einer Balance. Wir können einen gesunden Umgang mit Stress erlernen – zum Beispiel mit Hilfe von Stresscoachings.  

Kurze Geschichte noch kürzer: Die HRV ist ein Indikator für die Fähigkeit unseres Körpers, die Herzfrequenz den körperlichen und mentalen Anforderungen anzupassen. Wir können Stress und Entspannung sichtbar machen und mit diesen Erkenntnissen an einem gesunden Umgang mit Stress und damit auch an einer Verbessrung unserer Schlafqualität arbeiten.